Frankenwein im Bocksbeutel, eine alte Geschichte

Es ist schon eine recht seltsame Form, die rundliche Flasche mit dem abgeflachten Bauch. Der Bocksbeutel ist das äußerliche Markenzeichen für edlen Frankenwein, denn per Gesetz darf in dieses außergewöhnliche Behältnis nur Qualitätswein aus dem Anbaugebiet Franken abgefüllt werden, der mindestens 72 Grad Oechsle vorweisen kann.

Das ist jedoch nicht die einzige Besonderheit des Frankenweins im Bocksbeutel. Die Geschichte hinter der Form ist es wert erzählt zu werden, wobei es bis heute nicht ganz klar ist, was wahr ist. Sehr klar hingegen sind die Weine aus dem Frankenland, die aber auch nicht mit dem Strom schwimmen, obwohl die berühmteste Lage des Frankenweins direkt am Main liegt.

Der Bocksbeutel – lesen, beten oder trinken?

Meist wird der niederdeutsche Begriff Bocksbeutel vom Hochdeutschen „Bücherbeutel“ abgeleitet. Ein Behältnis, in dem die Ratsherren der Städte im 15. und 16. Jahrhundert ihre Gebets- oder Gesangsbücher herumtrugen. Darum auch der abgeflachte Bauch der runden Flasche.

Es gibt aber noch eine andere Version. In einem Wörterbuch des 17. Jahrhunderts ist der Bocksbeutel eben das, was die Wortkombination eigentlich aussagt, der Hodensack eines Ziegenbocks und der wurde schon im frühen Mittelalter als wasser- und weindichte Gürteltasche getragen, als es Bücher nur in Klöstern gab. Natürlich ist diese Vorstellung heute vielleicht nicht so populär, allerdings spricht die Form der heutigen Bocksbeutelflasche eher für den Ziegenbock und weniger für ein Gebets- oder Gesangsbuch, aber immerhin haben zumindest Wein und Gesang schon seit jeher zueinander gepasst.

Franken – ist die Hochburg des Silvaners, oder?

Während heute das fränkische Weinanbaugebiet bezüglich der Größe an sechster Stelle in Deutschland rangiert, war es im Mittelalter das größte Anbaugebiet des gesamten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Diese Quantität wurde jedoch zugunsten der Qualität mit der Zeit aufgegeben. Von fast 40.000 ha schrumpfte der Weinanbau auf heute rund 6250 ha und dies tat dem Frankenwein sichtlich gut. Dabei dominiert der Weißwein eindeutig, wie diese kleine Liste der am meisten in Franken angebauten Rebsorten zeigt:

  • Müller-Thurgau weiß: 26,4 %
  • Silvaner weiß: 23,8 %
  • Bacchus weiß: 12,0 %
  • Riesling weiß: 5,4 %
  • Domina rot: 5,3 %
  • Spätburgunder rot: 4,4 %

Der Rest verteilt sich auf weitere Weiß- und Rotweine. Eigentlich war der Silvaner über Jahrhunderte die führende Rebsorte im Frankenland und es war der erste Wein, der im Jahr 1726 erstmals in eine Bocksbeutel-Flasche abgefüllt wurde.

Warum der Müller-Thurgau heute führt?

Die aus Österreich stammende Silvaner-Rebe wurde im 17. Jahrhundert im fränkischen Castell angepflanzt und verbreitete sich von dort über ganz Deutschland. Allerdings gingen mit klimatischen Veränderungen im Maintal auch die Erträge des Silvaners zurück. Um eine bessere Ausbeute zu erzielen, wurde im Jahr 1913 zum ersten Mal die Müller-Thurgau-Rebe in Franken eingeführt, die sich den veränderten Bedingungen besser anpassen kann als die Silvaner-Traube.

Der Bacchus oder die frühe Scheurebe ist mit einem Anteil von 12 % nicht nur in Franken beliebt. Dabei handelt es sich um eine Kreuzung aus Silvaner und Müller-Thurgau, die für den Anbau einige Vorteile mit sich bringt. Sie ist selbstfruchtend, erreicht sehr hohe Reifegrade und besitzt ein aromatisches sowie fruchtiges Aroma. Sie ist Bestandteil sowohl sehr edler Weine als auch eher durchschnittlicher Qualitätsweine wie der Liebfrauenmilch.

Frankenwein im Bocksbeutel – Genuss und Tradition

Natürlich besitzt die besondere Form des Bocksbeutels keinen Einfluss auf den Geschmack des Weines, zumal nur etwa 30 % aller in Franken angebauten Weine in diese Flaschen abgefüllt werden. Doch der Bocksbeutel transportiert mit seinem Aussehen auch eine lange Geschichte. Eine Geschichte des Weinbaus in einem besonders schönen Teil Deutschlands mit seinen steil zum Mainufer abfallenden Rebhängen und in der warmen Jahreszeit Sonnendurchflutenden Landschaft, wobei sich das Funkeln der Sonnenstrahlen in jedem Glas Frankenwein wieder findet, der aus einem Bocksbeutel zu einer guten fränkischen Mahlzeit eingegossen wird.

Resümee:

Wer in Franken Urlaub macht, sollte sowohl die klassischen Biere der unzähligen Brauereien kosten, als auch den Sauerbraten, den gebackenen Karpfen und natürlich auch die fränkischen Bratwürste probieren. Wir empfehlen, in mehreren Gaststätten Einkehr zu halten, da von Region zu Region die fränkischen Spezialitäten auf unterschiedliche Weise zubereitet werden. Als Mitbringsel eignen sich sowohl edle Weine, Weinbrände als auch Bratwürstchen aus Franken oder wie wäre es mit einem Polo-Shirt mit dem Wappen von Franken?